Der christliche Glaube im 4. Jahrhundert

Das Christentum verformte sich im Laufe des 4. Jahrhundert zu einer selbstgefälligen und formalen Religion. Christen erhielten steuerliche Vorteile und andere weltliche Begünstigungen, und der Inhalt der Lehre Christi geriet mehr und mehr in den Hintergrund des alltäglichen Lebens.

Einsiedelei Ikone Kirsten VoßDiese Tatsache stieß bei den tiefgläubigen Seelen auf Traurigkeit und Ablehnung und so verließen einige von ihnen ihre Städte, Siedlungen und Dörfer und zogen hinaus in die Wüste, in die Einsiedelei. Manche gründeten Klöster, andere verbrachten jahrelang auf einer Säule oder einen Baum (Styliten bzw. Dendriten).

Dieser Wertewandel war im Weströmischen Reich seit dem Jahr 360 festzustellen.

  • JA zur Abgeschiedenheit,
  • JA zur strengen Askese und
  • JA zur Weltentsagung

waren Sehnsucht und neue Ziele dieser Gläubigen, worunter sich auch - und dies wird wichtig! - viele aus dem damaligen Bildungsbürgertum und der Aristokratie befanden. Sie kümmerten sich einfach nicht mehr um ihre weltlichen Verpflichtungen (Geld hatten sie genug), sondern wandten sich lieber ausschließlich ihrer geistigen Erfahrung zu.
Die Konsequenzen dieser Abwendung vom Weltlichen destabilisierte das Weströmische Reich von innen her. Stellen Sie sich einfach mal vor was passiert, wenn ihr Hausvermieter nur noch meditierend auf einem Baum sitzt und sich um keine Instandsetzungsarbeiten mehr kümmert, während Ihnen das Wasser von oben rein läuft, weil einige Dachziegel kaputt sind. Und das ist nur ein kleines Szenario - die Bauern bekamen ganz andere Probleme.

Hieronymos DetailUm 384 stattete Hieronymus der Stadt Rom einen Besuch ab, und untermauerte diese Haltung der Weltabgewandtheit noch mit seiner Auffassung des idealen Dienstes an Christus durch Askese und Weltentsagung (Alienatio) und damit auch den bewussten Rückzug aus weltlicher Verantwortung. Folglich reduzierte man seine Bedürfnisse und immobilen Anwesen noch mehr - sehr zur Freude fremder Stämme (später: germanische Eroberer) die plötzlich allüberall zu guten Preisen schönste Residenzen erwerben konnten. Damit zerriss das traditionelle Band zwischen Grundbesitzern und Bauern und trieb die Pächter in den Ruin. Dieser Vermögensverzicht wohlhabender Familien brachte die Wirtschaft der Westprovinzen aus dem Gleichgewicht.

Ähnlich machte es der Lebemann Augustinus (geb. 354), welcher ursprünglich nach Macht und Rang strebte und folglich in der Reichsverwaltung arbeitete. Ab dem Jahre 387 wollte er nur noch seine eigene Seele und Gott erkennen lernen - die Verwaltung ließ er fahren. Er wurde ein Verfechter der Neuplatonischen Lehre, nachdem es das Böse gar nicht gäbe, sondern nur einen fortschreitenden Verlust des Guten. Damit erteilte er der dualistischen Welt (-> Manichäismus) eine Absage. Im Jahr 395 wurde Augustinus sogar Bischof von Hippo.

 

(Quelle: Die Welt des Christentums - Geofrey Barraclough, S. 55f und eigene Gedanken)

 

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